In Spich gab es Sonntag für die Scuderia mehr als nur Trostpreise. Hier lest ihr, wie die portugiesische Maquina es geschafft hat, zu gewinnen. Außerdem erzähle ich von Spießbraten, dass euch das Wasser im Mund zusammenläuft. Und trotz der ganzen Glückseligkeit habe ich auch noch etwas zu meckern.
Während mir der Spießbraten vom Spicher Grillverein auf der Zunge zergeht, weht eine Fahne Waffelgeruch herüber. Jan G., der gerade bei km 20 des Jedermannrennens (über insgesamt ca. 48km) ausgestiegen ist, hat sich nun auch aufs Kulinarische spezialisiert und isst also frischgebackene Waffeln, statt weiter mit einem 40er-Schnitt um eine Kurve nach der anderen zu knallen.
Für die Scuderia sind allerdings noch Jan B. und Fabio weiter im Rennen. Und etwa 25 weitere Jedermänner. Das könnten mehr sein, sowohl Scudis als auch weitere. Jan kämpft gegen die rote Laterne und für die Ehre, ein Rennen trotz Überrundung durchzufahren (außerdem sammelt er hiermit den vierten von vier möglichen Stempeln für die Scuderia Thekenserie und ist damit der heißeste Anwärter auf den Titel des Thekenmeisters). Fabio hingegen klemmt am Ende der ca. 15-Mann starken Spitzengruppe. Hier muss er immer wieder Löcher zufahren (was vorher auch der ausgestiegene Waffel-Jan erledigt hatte) um nicht den Anschluss zu verpassen. „I was always on elastic.“ sagte Fabio nach dem Rennen mehrfach dazu. Von draußen können wir beobachten, wie sich Fabios Gesichtszüge aber (trotz des gleichbleibend hohen Tempos) zunehmend entspannen. Er scheint sich einzugrooven, die ständigen Kurven auf dem engen Rundkurs mit mehr Schwung bzw. ohne bremsen nehmen zu können und insgesamt warm zu werden. Bis zu Runde 10, erzählt er später, hätte er aber eher gedacht zu sterben…
Ich selbst hatte mich mit einer noch nicht ganz ausgeheilten Erkältung direkt ganz vor dem Rennen gedrückt und wollte mich aufs Fotografieren fokussieren. Langsam geriet ich aber in Stress, da der wirklich köstliche Spießbraten noch verzehrt werden wollte und die Spitzengruppe sich langsam den letzten Runden näherte – immer noch mit Fabio hintendran. Schnell suchte ich mir einen Platz, von dem aus ich die Zieleinfahrt fotografieren konnte und versuchte eine passende Einstellung der Kamera zu finden. „Ding, Ding, Ding!“ Da hörte ich schon die Glocke für die letzte Runde. Und Fabio? Der war immer noch mittendrin in der Perlenkette der Spitzengruppe. Diego, auch unter den Zuschauern, fachsimpelt im Scherz: „Der ist nicht so der Sprinter, der sollte attackieren.“ Ich bin noch nicht ganz fertig mit meinen Kamera-Einstellungen und höre schon den Streckensprecher sagen „Einer hat sich abgesetzt.“, während die Spitzengruppe auf die Zielgerade biegt. Ich denke, das wird Joscha Weber von Strassacker sein und gucke wieder aufs Kameradisplay, sehe einen blauen Helm ganz vorne, traue meinen Augen erst nicht, löse einmal aus, verzichte auf weitere Bilder und feuere dann nur noch mit wilden Schreien Fabio an, der es tatasächlich geschafft hat, 30m Vorsprung rauszufahren, der sich nun noch einmal umguckt, die Arme hochreißt und tatsächlich als erster die Ziellinie überquert! Muitos parabéns!
In der ersten Kurve der letzten Runde hatte der Portugiese im Scuderia-Trikot angegriffen und sich dann bis zur Ziellinie nicht mehr umgeschaut. In der letzten Kurve sind an der Spitze des Verfolgerfeldes dann noch zwei Fahrer vom ausrichtenden Verein Blitz Spich gestürzt (nur Schürfwunden, trotzdem gute Besserung). Und so kam es, dass Fabio, der es selbst kaum glauben konnte, das Jedermannrennen gewann. Fabio, der Finisseur!
Vor einem Jahr ist Fabio mit einem Crosser einfach mal Rad am Ring gefahren. Da hat er ein paar Scudis kennengelernt und ist immer mehr auf den Geschmack des Rennradfahrens gekommen. Er hat sich in unseren Cappucino- und Espresso-Runden gestählt, sich ein reines Rennrad zugelegt und ist ein paar Jedermannrennen gefahren. Wie er hinterher selbst zugab, hat er in diesem Rennen wenig Arbeit geleistet, dafür aber mit der Zieharmonika zu kämpfen gehabt. Außerdem war sicherlich zu seinem Vorteil, dass er keine Prämiensprints mitgegangen ist. Am Anfang vielleicht noch fehlende Kurventechnik hat er am Ende mit Herz und Unbekümmertheit wettgemacht und so die Trophäe ergattert (einen stählernen Doppel-T-Träger mit eingesägter „1“).
Und so konnten wir stolz über den Überraschungssieger, der immerhin ein paar Lokalmatadoren hinter sich lassen konnte, zurück nach Köln radeln. Fabio hing der 3kg-schwere Stahlträger auf dem Rücken, mir lagen zwei Dinge etwas schwer im Magen: Erstens hätte ich mir mehr Beteiligte gewünscht. OK, Rund in Spich ist nicht die Tour de France, aber es war Kaiserwetter, eine kurze Anfahrt, Deutschland bei der WM schon lange ausgeschieden, dafür gab es ein kurzweiliges Rennen und richtig gute Organisation und herrliche Verköstigung – schade, dass nicht mehr Scudis und weitere Jedermänner sowie Zuschauer zu diesem Rennen gekommen sind. Das zweite, was mir schwer im Magen lag: Spießbraten. Aber beides konnte nicht darüber hinwegtäuschen: Wir hatten mega Spaß in Spich.
Gebt Fabio Kudos: https://www.strava.com/activities/1688859794
Viele Bilder auf der FB-Seite vom RV Blitz Spich.